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Das Stadtwerk Tauberfranken heute und in Zukunft

Interview von Sascha Bickel mit den Geschäftsführern Gehrig und Dr. Schön

Paul Gehrig und Dr. Norbert Schön, die beiden Geschäftsführer des Stadtwerks Tauberfranken, standen Sascha Bickel von den Fränkischen Nachrichten für ein Interview zur Verfügung. Strom, Gas und Wärme waren Themen, aber auch der Windkraftausbau, Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Wasserstoff, die Wasserpreise und -versorgung sowie das schnelle Internet.

Blicken wir zuerst auf die Entwicklung der Preise im Strom- und Gasmarkt. Was tut sich in diesem Bereich beim Stadtwerk Tauberfranken?

Paul Gehrig: Wir haben wie alle Versorger mit steigenden Netzentgelten bei Strom und Gas zu rechnen, aber wir haben auch die günstigeren Preise an den Energie-Handelsmärkten bei unseren Einkäufen nutzen können, so dass wir in Summe unsere Preise für die Endverbraucher senken können. Geplant ist dies zum 1. Januar. Nach ereignisreichen Jahren ist die Kostensenkung eine gute Nachricht für unsere Kunden.

Die großen Stromtrassen werden massiv ausgebaut, um den Stromtransport von den riesigen Windparks im hohen Norden nach Süddeutschland leisten zu können. Gleichzeitig gibt es auch immer mehr kleinere Stromerzeuger in unserer Region: Freiflächen-Photovoltaikanlagen, Windparks und mehr. Auch dieser Strom muss abtransportiert werden. Wo liegen die Probleme und wie steht das Netz in der Region da?

Gehrig: Wir müssen zwischen den Verteilnetzen unterscheiden. Wir müssen unser Verteilnetz so fit machen, dass wir all den Strom auch von kleinen Solaranlagen auf Privathäusern einspeisen können. Das läuft auf Hochtouren. Da haben wir inzwischen das Dreifache an Investitionen in die Ertüchtigung des Stromnetzes.

Der zweite Teil ist das vorgelagerte Stromnetz von Netze BW. Das fängt draußen vor der Stadt am Umspannwerk an. Das kommt an seine Grenzen und da besteht Handlungsbedarf, um die erzeugte Energie gerade von lokalen Windparks oder großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen auch wegschaffen zu können.

Man muss sich klar machen, dass wir über 100 Jahre andere Bedarfe an das Stromnetz hatten, welches auch entsprechend gewachsen ist. Es gab zentrale Stromerzeugungsanlagen, Kohle- und Atomkraftwerke, von dort gingen dicke Leitungen weg, die ins flache Land hinaus immer dünner wurden. Heute wird die Energie auf dem Land erzeugt, dort wo bis dato noch die dünnen Leitungen waren und zum Teil sind. Jetzt müssen von dort aus auch die dicken Leitungen weggehen in die urbanen Gebiete, dorthin wo der Strom benötigt wird. Dieser Umbau ist eine enorme Herausforderung und auch nicht in wenigen Jahren zu stemmen. Er wird zudem Milliarden € in Deutschland verschlingen. Wir stecken mitten in der Transformation.

Immer wieder ist vom Stromstau im Netz die Rede. Wie stehen wir in Bad Mergentheim und Umgebung da?

Gehrig: In das Verteilnetz des Stadtwerks kann jeder einspeisen, wenn wir vorab informiert sind. Nur ein Beispiel: Wenn jemand auf seinem Privathaus eine Photovoltaikanlage plant, werden wir dazu angehört und nach wenigen Wochen gibt es eine Rückmeldung, zumeist mit der Nachricht, die Einspeisung ist möglich. Wenn man natürlich baut, bevor man sich eine Einspeisezusage geholt hat, dann ist es das persönliche Risiko.

Wo investiert das Stadtwerk aktuell? Und was sollten private Investoren beachten?

Dr. Norbert Schön: In einigen Stadtteilen haben wir noch Freileitungen von Haus zu Haus und deshalb geringere Kapazitäten. Deshalb investieren wir als Stadtwerk in diesem Bereich jetzt intensiver und nehmen eine Erdverkabelung mit mehr Kapazitäten vor. Zuletzt haben wir das in Edelfingen gemacht und sind aktuell in Wachbach aktiv. In den nächsten Jahren wollen wir die Freileitungen sukzessive in den Ortschaften erdverkabeln.

Zu den großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen möchte ich noch sagen, dass wir deren Leistung nicht mehr in das 20 000 Volt-Lokalnetz hineinbekommen. Das ist wie mit einem Gartenschlauch, da kann man auch nicht beliebig viel Druck draufgeben und ein Großfeuer löschen. Also müssen wir den Strom auf die Hochspannungsebene mit 110 000 Volt transformieren und diese Netze ebenfalls ertüchtigen.

Wir brauchen also größere Umspannwerke. Die Herausforderung hierbei ist die Lieferzeit, die hier inzwischen zwei bis drei Jahre beträgt.

Gehrig: Der Umbau unseres Stromnetzes ist in vollem Gange, trotzdem brauchen wir noch zehn bis 15 Jahre um diesen bundesweit zu bewältigen. Das Stromnetz muss fit für die Energiewende gemacht werden.

Stand heute werden aus unserem Stromnetz etwa 17 Megawatt Strom gezogen. Zirka zehn Megawatt speisen die Kunden über ihre Erneuerbare Energieanlagen ein. Das haben wir hochgerechnet bis zum Jahr 2040: Dann werden voraussichtlich 40 Megawatt aus dem Netz gezogen werden und wohl bis zu 80 Megawatt eingespeist, also das Achtfache dessen, was wir heute haben – da wird die Dimension sehr deutlich, welchen Netzumbau wir hier allein in unserer Region brauchen und vor uns haben!

Das heißt, um beim Bild mit dem Gartenschlauch und den zu geringen Leitungskapazitäten zu bleiben, dass es an vielen Stellen Baumaßnahmen und Investitionen ins Stromnetz geben muss?

Gehrig: Ja, das ist so. Deshalb sorgen wir auch dafür, dass wir unser Gasnetz werthaltig halten und wir werden weiter ins Stromnetz investieren, denn wir sind überzeugt, Strom- und Gasnetz in der Kombination mit dem Einsatz Erneuerbarer Energien wird perspektivisch günstigster für die Kunden – und sicherer.

Spürt das Stadtwerk einen Druck im hiesigen Gasmarkt, weil viele Hauseigentümer auf Wärmepumpen umsteigen? Und wie entwickeln sich hier die Preise?

Gehrig: Die Gaspreise entwickeln sich für unsere Kunden positiv. Wir hatten in 2024 ein zweijähriges Produkt angeboten, bei dem die Kunden schon von dem niedrigeren Durchschnittspreis profitiert haben. Jetzt werden auch die neuen Produkte günstiger. Allerdings werden perspektivisch die Gasnetzentgelte durch die politischen Vorgaben weiter steigen.

Dr. Schön:                        

Wir sehen schon, dass viele Menschen auf Wärmepumpen umsteigen, wir sehen aber auch den gegenläufigen Effekt, dass Gewerbe- und Industriekunden, die bislang noch mit Öl und Kohle geheizt haben, eben jetzt auf Erdgas umstellen. Die vorhandene Infrastruktur bietet viel Potential für eine zukunftsweisende Transformation: Durch gezielte Maßnahmen kann das bestehende Gasnetz klimaneutral weiterentwickelt werden.

Gehrig: Das ist ein Thema der kommunalen Wärmeplanung. Diese ist für die Stadt Bad Mergentheim erstellt worden. Wir sind als Gasnetz-Betreiber jetzt gefordert einen so genannten Gasnetz-gebietstransformationsplan (GTP) zu erstellen.

Was steckt dahinter? Wir müssen die nächsten eineinhalb Jahre klären, welche Teile unseres Gasnetzes wir für zukunftsfähig – über 2040 hinaus – erachten. Dabei gilt es zu beachten, dass wir ab 2029 insgesamt 15 Prozent Neue Gase verwenden, ab 2035 schon 30 Prozent. Das kann aufbereitetes Bioerdgas sein, das kann CO2-freies Erdgas sein, das kann auch Wasserstoff sein.

Wenn also unser Transformationsplan vorliegt, kann sich jeder Gaskunde zurücklehnen, denn er weiß dann, dass wir die CO2-Vorgaben für ihn erfüllen werden.

Die Öl-Kunden, die an der Strecke liegen, können sich ebenfalls ans Gasnetz anschließen und haben ebenfalls ihr Problem gelöst. Wir gehen also davon aus, dass wir hier nochmal eine neue Welle an Anschlüssen ans Gasnetz haben werden.

Das heißt, die Gaskunden müssen nicht auf Teufel komm raus der Gasversorgung entfliehen, um der CO2-Steuer dauerhaft zu entkommen?

Gehrig: Nein, das kann auch über die Gasversorgung gelöst werden. Gerade in den Innenstädten, wo unter anderem auch denkmalgeschützte Gebäude existieren, wie zum Beispiel in Bad Mergentheim oder auch in Lauda und Tauberbischofsheim ist es ja nicht so einfach, eine Wärmepumpe vors Haus zu stellen und Altbestand zu sanieren. Da bietet die Gasversorgung mit den Neuen Gasen eine Alternative. Das CO2-Problem wird für die Kunden gelöst.

Schauen wir noch auf die Fernwärmeversorgung. Was passiert in Bad Mergentheim und der Region?

Gehrig: Die Nachfrage nach Fernwärme aus dem Naturwärmekraftwerk in Bad Mergentheim ist enorm. Das haben wir jetzt wieder am Gänsmarkt und in der Nonnengasse gesehen, als es um den Anschluss neuer Kunden ging. Es gibt weitere Anfragen auch großer Kunden. Das läuft auf Hochtouren.

Wir werden das Netz erweitern, wo die Nachfrage am größten ist. Und wir sind in der Überlegung, wie wir unsere Kapazitäten noch ausbauen können. Das Naturwärmekraftwerk konnten wir zuletzt nochmal erweitern, dort sind wir aber jetzt am Anschlag, auch von der Leitungsdimension hinunter in die Stadt. Wir überlegen bereits heute, wo wir eine zusätzliche Wärmeerzeugungsanlage realisieren können.

Die Idee ist ein Elektrolyseur – mit seiner Hilfe kann Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden. Dafür braucht es viel Strom. So eine Anlage könnte im Umfeld der Kläranlage zwischen Bad Mergentheim und Edelfingen aufgestellt werden.

Bei der Produktion von Wasserstoff fallen ungefähr 40 Prozent Wärme an, diese wollen wir nutzen und im Umfeld ein weiteres Wärmenetz aufbauen. Vielleicht ergänzt durch eine große Abwasser-Wärmepumpe an der Kläranlage und eine weitere Wärmeerzeugungsanlage, welcher Art auch immer, die die Spitzenlast abfängt. Das Gebiet, das sich dafür eignen würde, ist die Freifläche zwischen der Wilhelm-Frank-Straße und der Bahnstrecke, gegenüber der Kläranlage.

Wann fallen hier die Entscheidungen? Die Bürger wollen ja wissen, wo was passiert, um Planungssicherheit zu bekommen.

Gehrig: Die Anfragen für den Anschluss ans Wärmenetz können wir alle bedienen, sofern unsere Leitungen in der Nähe liegen, also in der Kernstadt, im Weberdorf und im Kurbereich.

Was ist beispielsweise mit dem Eisenberg?

Gehrig: Hier sind viele Ein- und Zweifamilienhäuser, diese sind prädestiniert für Wärmepumpen-Lösungen. Es kann nicht überall ein Wärmenetz entstehen. Genauso schauen wir, was beim Strom- und Gasnetz Sinn macht und ausgebaut wird. Die Ausweitung des Wärmenetzes macht im hochverdichteten Bereich am meisten Sinn.

Was lässt sich zum Zeitplan rund um den Ausbau der Fernwärme in der Kurstadt sagen?

Gehrig: Der Ausbau des Wärmenetzes läuft kontinuierlich weiter. Für die zusätzliche Wärmeerzeugung sind wir mitten drin in den Überlegungen. Wir müssen auch einen Wärmenetz-Transformationsplan erstellen. Auch dieser Plan soll Ende 2025 vorliegen. Bis dahin wissen wir auch, was wir noch aufbauen wollen, können und werden.

Erweiterungen gibt es übrigens auch in Tauberbischofsheim auf dem Laurentiusberg in Sachen Wärmenetz. Und wir haben kleinere Konzepte in der Region erstellt für weitere lokale Wärmenetze in Quartieren: zum Beispiel in Künzelsau. Die Stadt überlegt, ob sie Teile der Innenstadt mit Wärme erschließen will. Da sind wir mit im Boot.

Wo wird es nach der Nonnengasse mit dem Wärmenetz in Bad Mergentheim weitergehen?

Gehrig: Wir werden den Badweg entlang der Bahnlinie machen. Das ist herausfordernd aufgrund der Enge des Weges und der vielen Anlieger. In der Innenstadt prüfen wir aktuell die Frommengasse sowie eine Erweiterung im Kurbereich in Richtung Löffelstelzer Straße.

Was ist mit neuen Wärmenetzen in den Stadtteilen? In Wertheim-Höhefeld scheinen die dortigen Träume gerade mangels Teilnehmern zu platzen?

Gehrig: In den Stadtteilen in denen wir mit Gas vertreten sind, müssen wir zunächst abwarten was der Gasnetzgebietstransformationsplan an Erkenntnissen bringt und wo wir mit den bestehenden Netzen das Thema lösen können. Ein paralleler Aufbau eines Wärmenetzes ist dort für uns aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu realisieren.

Lösungen kann es aber auch geben, wenn es in einer Ortschaft eine Biogasanlage gibt, bei der auch Wärme anfällt und diese für den Ort genutzt werden kann. In Külsheim-Steinfurt gibt es das zum Beispiel. Aber es müssen möglichst viele mitmachen, damit es sich lohnt. Es werden also immer punktuelle Lösungen am Ende sein.

Dr. Schön: In den Stadtteilen gibt es auch meist keine größeren Abnehmer, deshalb wird sich dort vieles mit Wärmepumpen direkt an den Häusern lösen lassen.

 

Kommen wir auf die geplanten Freiflächen-Photovoltaikanlagen in unserer Region zu sprechen. Das Stadtwerk Tauberfranken ist mit mehreren großen Projekten an den Start gegangen: Althausen, Neunkirchen und Wachbach waren zunächst für eine Realisierung geplant. Wo stehen wir heute?

Dr. Norbert Schön: Wachbach entwickelt sich sehr gut. Das läuft. Die Realisierung der sieben Hektar ist in ungefähr zwei Jahren vorgesehen. In Neunkirchen hat der Regionalverband Heilbronn-Franken jetzt auch Vorrangflächen für Windkraft skizziert und diese tangieren im Norden die geplante Fläche für unsere Freiflächen-Photovoltaikanlage. Wir müssen jetzt abwarten, wie das weitergeht. Wir sind in Wartestellung. Das bremst uns aus.

Paul Gehrig: Die Reduzierung der Fläche in Neunkirchen von ehemals über zehn Hektar hängt mit den hohen Bodenwerten der Ackerbaufläche zusammen, die in der Nachbarschaft geschützt werden soll. Jetzt kollidiert es mit den Überlegungen des Regionalverbands für neue Windkraftanlagen. Es wird wohl erst in einem Jahr Klarheit dazu geben.

Wo gibt es neue Freiflächen-Projekte des Stadtwerkes?

Dr. Schön: In Werbach-Wenkheim werden wir eine PV-Freiflächenanlage zusammen mit der Thüga Erneuerbare Energien realisieren. Das sind 17 Hektar. Da könnten wir 17 bis 20 Megawatt Leistung installieren. Hinzu kommt nördlich von Wenkheim ein zweiter Solarpark der Bürgerenergiegenossenschaft Werbach. Wir kooperieren dort, was die Erstellung von Gutachten, gemeinsame Kabeltrasse und gemeinsames Umspannwerk betrifft.

Gehrig: Zum 1. Januar 2025 steigen wir im Bereich „Gickelfeld“ bei Külsheim als Gesellschafter mit ein – mit 25,1 Prozent. Für den Teilbereich, den wir mit der Thüga zusammen realisiert haben.

Blicken wir auf den Windkraftausbau in der Region. Welche Vorhaben stehen hier beim Stadtwerk auf der Agenda?

Gehrig: Der Regionalverband Heilbronn-Franken hat bis Herbst 2025 nachzuweisen, dass 1,8 Prozent der gesamten Fläche im Gebiet des Regionalverbands für den Ausbau der Windkraftnutzung ausgewiesen ist. Darauf basieren neue Entwurfsplanungen, die mittlerweile bekannt sind. Im Raum Bad Mergentheim sind mehrere Flächen für eine Windkraftnutzung in der Überlegung.

Das Stadtwerk Tauberfranken hat nun mit Grundstückseigentümern in den betroffenen Bereichen Kontakt aufgenommen und wir versuchen, Flächen zu sichern, damit das eine oder andere Windrad von uns realisiert werden kann. – Wenn wir es nicht tun, werden es andere tun: Wenn die Gebiete ausgewiesen sind, kann theoretisch jeder Projektierer hier aktiv werden und wir möchten die Wertschöpfung gerne vor Ort halten.

Es gabbereits eine Informationsveranstaltung des Stadtwerks mit tangierten Grundstückseigentümern, eben basierend auf den neuen Plänen des Regionalverbands für den Windkraftausbau.

Dr. Schön: Es macht auch Sinn, weitere Windkraftanlagen in unserer Region zu bauen, zum Beispiel auch für einen potentiellen Elektrolyseur in der Wilhelm-Frank-Straße, gegenüber der Kläranlage. Dort wollen wir Grünen Wasserstoff erzeugen, da brauchen wir Erneuerbare Energieanlagen in der Nähe, die uns viel Strom dafür liefern. Insbesondere bieten kommunale Flächen für die Windkraft viel Potential. In den Zeiten klammer Haushaltskassen und wirtschaftlicher Rezession sind die Einnahmen aus der Erneuerbaren Energien enorm wichtig, um die notwendigen Investitionen in Infrastruktur vor Ort vornehmen zu können. 

Gehrig: Darüber hinaus gibt es Überlegungen unseren hervorragend laufenden Windpark bei Külsheim zu erweitern. Dort sind fünf weitere Windräder geplant.

Deutschland plant seine Wasserstoffinfrastruktur stark auszubauen. Was passiert insgesamt in der Region und wie bringt sich das Stadtwerk ein?

Gehrig: Wir sind als Stadtwerk Tauberfranken in der Wasserstoff-Allianz Main-Tauber eine der führenden Kräfte. Im laufenden Jahr haben wir eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen, die liegt uns seit kurzem vor. Da geht es um den bereits genannten Elektrolyseur bei der Bad Mergentheimer Kläranlage – und diese Studie wird nun auf Herz und Nieren geprüft. Im nächsten Schritt sind wir darauf angewiesen, was der Bund und das Land an Förderprogrammen auflegen. Denn ohne Förderung ist eine Realisierung wirtschaftlich nicht zu vertreten.

Gerade unsere Nachbarn in Bayern fördern das Thema Wasserstoff massiv und wenn wir eine ähnliche Förderung hier bekommen, könnten wir mit fünf Megawatt Grünen Wasserstoff erzeugen, der dann mit Lastwagen zu Industrieunternehmen gebracht werden kann.

Es wäre auch eine Betankungsanlage für Lastwagen oder Busse neben dem Elektrolyseur in Bad Mergentheim denkbar. Und wir könnten Teile des Grünen Wasserstoffes für unser Gasnetz nutzen. Das sind die Überlegungen momentan. Entscheidungen fallen frühestens im nächsten Jahr.

Zu den Hauptaufgaben des Stadtwerks gehört auch die Trinkwasserversorgung vor Ort sicherzustellen. Stimmt es, dass Bad Mergentheim mit am teuersten im Ländle pro Kubikmeter ist?

Gehrig: Es gibt Zahlen des Statistischen Landesamtes, die es zu erklären gilt: Wir haben in Baden-Württemberg allein 73 Wasserversorger, die in Form einer GmbH organisiert sind. Es gibt zudem aber rund 300 Kommunen, die ihre Wasserversorgung mit einem städtischen Eigenbetrieb organisieren. Diese unterliegen nicht der Aufsicht der Kartellbehörde, sondern der Gemeindeprüfungsanstalt. Deshalb sind diese im Wasserpreisvergleich gar nicht aufgeführt.

In der Statistik der 73 GmbHs, zu der wir gehören, sind wir einer der teuersten Versorger, das stimmt, aber dafür haben wir viele Hausaufgaben schon gemacht. Wir haben ein modernes Wasserwerk, eine neue Aufbereitungsanlage, die Wasserenthärtung und wir sind eine Flächenkommune. Wir haben also ein großes Netz und viele Hochbehälter – das ist eine herausfordernde Infrastruktur.

Schaut man auf alle Wasserversorger im Land insgesamt sieht die Statistik ganz anders aus. Sowohl im Main-Tauber-Kreis als auch landesweit betrachtet liegen wir im unteren Mittelfeld mit unseren Wasserpreisen. Manche andere müssen noch einiges investieren und da werden die Preise wohl noch steigen. Wir sind da zum Glück schon weiter.

Wie entwickelt sich der Wasserpreis in Bad Mergentheim?

Gehrig: Wir haben im vergangenen Jahr unsere Preise stabil gehalten, obwohl sich die Bezugskonditionen von unserem Partner Nordost-Wasserversorgung (NOW) erhöht hatten. Doch 2025 kommen wir um eine Erhöhung der Preise nicht herum. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass der Einkaufspreis für das Wasser steigt, ebenso wie die Personalkosten und so werden wir die Preise zum 1. Januar um brutto 30 Ct/m³ auf 3,25 €/m³ anpassen. Der Grundpreis bleibt gleich. Und unsere Stromkunden profitieren noch von einem Nachlass durch den Kombitarif Wasser von 6 Ct/m³.

 

Welche Bauprojekte im Wasserbereich stehen in 2025 an?

Dr. Schön: Wir werden einige Hochbehälter, die 50 bis 60 Jahre alt sind, erneuern müssen, weil irgendwann der Beton seine Stabilität verliert.

Im Bereich Stuppach, Lillstadt, Lustbronn und Wachbach sind Baumaßnahmen vorgesehen, die sich über die kommenden vier Jahre erstrecken werden. Wir nehmen vier alte Hochbehälter außer Betrieb und bauen stattdessen zwei neue. In Stuppach wird der neue Hochbehälter direkt neben den alten gesetzt werden. Und in Wachbach werden wir etwas höher gehen, um die Hochzone künftig energieeffizient ohne Druckerhöhungsanlage versorgen zu können.

Die ersten Maßnahmen starten in Stuppach. Dort entsteht zuerst der neue Hochbehälter.

Schnelles Internet ist ebenso ein wichtiges Thema in unserer Region. Aktuell fragen sich viele, wie es mit den großen Plänen der BBV, der Breitbandversorgung Deutschland, weitergeht. Wie stellt sich das Stadtwerk im Bereich Breitband weiter auf?

Gehrig: Wir hatten mühsam, aber erfolgreich einen Kooperationsvertrag mit der BBV ausgehandelt, in dem wir festgelegt haben, wer welche Bereiche in Bad Mergentheim und den Stadtteilen in Sachen schnelles Internet ausbaut. Grundsätzlich muss man wissen, dass in vielen Zonen schon Breitband liegt.

Dieser Kooperationsvertrag liegt aktuell auf Eis, weil wir mit dem Rechtsnachfolger der BBV noch keinen Kontakt hatten und nicht wissen, wie die Tochtergesellschaft „Unsere grüne Glasfaser“ der Allianz hierzu steht. In Abstimmung mit der Stadtverwaltung sind wir uns einig, dass bei Tiefbaumaßnahmen künftig immer Leerrohre für Glasfaser mitverlegt werden.

Wir planen unsere Maßnahmen, die wir sowieso schon vorhatten und schauen, wie es im Main-Tauber-Kreis mit der „Unsere grüne Glasfaser“ weitergeht.

Könnte das Stadtwerk anstelle der BBV Bad Mergentheim komplett mit Breitband versorgen?

Gehrig: Wenn wir das tun wollten, müssten wir mit einem zusätzlichen zweistelligen Millionenbetrag an Investitionen kalkulieren und diese Mittel haben wir aufgrund unserer Vielzahl an Themen und Projekten in den Bereichen Strom, Gas, Wärme, Wasser und Erneuerbare Energien nicht.

Wir schauen, wo wir explizit gefordert sind. Der Breitband-Bereich ist ein hart umkämpftes Geschäft. Wir erleben heute immer noch, dass in Neubaugebieten mehrere Anbieter parallel ihre Leitungen bei der Erschließung im Tiefbau mit verlegen. Die einmalig verlegten Leitungen sollten Open-Access, also für alle nutzbar sein. In Bad Mergentheim im „Auenland III“ am Stadtrand haben drei Internetanbieter ihre Leitungen mit verlegt –  das ist volkswirtschaftlicher Unsinn!

v.l. Paul Gehrig und Dr. Norbert Schön© Michael Pogoda